Für die einen ein Fremdwort, das per Autokorrektur schnell zu »Gardine« wird – für leiderprobte Tierhalter dagegen die ultimative Kreuzung aus Freddy Krueger, Jason Vorhees, Michael Myers und dem The Walking Dead-Zombie-Virus: Das sind Giardien.
Beim Einzug von Budd und Sonny seinerzeit bekam ich die wenig charmanten Einzeller als Untermieter mit – leider ohne, dass ich darüber Bescheid gewusst hätte. Andernfalls hätte ich ihnen (den Gardinen, nicht den Babys) deutlich schneller Hausverbot erteilt. Giardien sind nämlich eklig. Richtig, richtig eklig. Und obendrein auch noch verdammt hartnäckig.
Es hat eine Weile gedauert, bis wir die Bude (und die Katzen) wieder gänzlich parasitenfrei hatten. Da ich die Biester auf dem Blog immer mal erwähnt habe (auch hier: die Giardien, nicht die Katzen – wobei, letztere ja irgendwie auch…), kommt es bis heute vor, dass mich geplagte Katzenhalter anschreiben, wie genau wir die lästigen Viecher bekämpft haben. Also wird es wohl Zeit für ein paar Erfahrungswerte der Fellgiganten: Wie werde ich sie los in [möglichst wenig] Tagen?!
Inhalt
Was sind Giardien? Aka: Was für Gardinen?!
Giardien sind Einzeller, die sich im Dünndarm ihres Wirts einnisten und von dessen Darminhalt ernähren. Yummy! Sie pinnen sich dabei an die Darmwand oder bewegen sich frei zwischen den Darmzotten, vermehren sich fröhlich und schädigen dabei natürlich die Darmschleimhaut. Das führt beim Wirt zu (teilweise massiven) Durchfällen.
In ihrer aktiven Form, man nennt sie dann Trophozoiten, sind die Giardien mit Fressen und Fortpflanzen beschäftigt. An der Luft verrecken sie so in Sekundenschnelle. Als inaktive Giardicysten dagegen sind sie dann von einer schützenden Hülle umgeben, die ihnen je nach Umweltbedingungen ein wochen- bis monatelanges Überleben außerhalb eines Wirtskörpers ermöglicht. Werden die Zysten nun von einem Wirtstier oral aufgenommen, bilden sich in dessen Körper wieder die aktiven Trophozoiten, die wiederum neue Giardicysten bilden. Ein wunderbarer Teufelskreis.
Befallene Tiere scheiden die Zysten mit dem Kot aus. Der Kontakt damit ist der klassische Übertragungsweg.
Auch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser oder Futter kann zur Infektion führen. Die Zysten finden sich außerdem an der Kleidung und an den Händen streichelnder Zweifüße, an den Schuhen oder auf von infizierten Tieren frequentierten Liegeplätzen wieder und warten dort auf ihr neues zwei- oder vierbeiniges Hotel. Auch reine Wohnungskatzen sind vor den Parasiten dank der zahlreichen Übertragungswege nicht sicher.
Symptome
Das Standardsymptom: Ganz klar Durchfall. Zumeist gelblich gefärbt. Schleimig, gelegentlich auch mit Blutbeimischung. Und ein bestialischer, irgendwie süßlicher Gestank desselben.
Wie bei allen Durchfallerkrankungen kann es Tiere, die altersbedingt oder aus welchen Gründen auch immer schwächeln, schwer erwischen, wenn man die Gefahr einer Austrocknung nicht ernst nimmt. Davon ab sind Giardien nicht lebensbedrohlich. Sie sind einfach nur unheimlich unangenehm und lästig für’s Tier und seinen Zweibeiner.
Budd und Sonny waren zumeist guter Dinge und zeigten ausgeprägten Appetit (kein Wunder, die Giardien mussten ja auch ernährt werden). Gelegentlich kam es bei beiden allerdings zu Erbrechen und leichtem Fieber. Manche Tiere nehmen infolge der Infektion auch ab.
Der Boss zeigte sich durchweg symptomfrei. Entweder hatte er sich nie infiziert oder er zeigte die Giardiose als erwachsenes, immunstabiles Tier einfach nicht.
Tierärzte empfehlen zumeist die Behandlung aller Tiere im Haushalt, da infizierte Kandidaten die infektiösen Zysten auch dann ausscheiden, wenn sie keine Symptome zeigen. Somit können sie mit Pech ständige Reinfektionen bewirken. Jede Form von Behandlung birgt aber das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen – wer also nicht einfach so symptomfreien Tiere Medikamente verabreichen möchte, sollte beim Nachweis von Giardien bei einem Fellträger im Haushalt auch die anderen testen lassen, um zu sehen, wer als Parasiten-Mutterschiff fungiert und wer nicht – und wer schlussendlich wirklich behandelt werden muss.
Diagnose und Nachweis von Giardien
Die Diagnose der Giardien stand bei uns sehr fix: Der Schnelltest anhand Sonnys (gelber, fast flüssiger) Kotprobe in der Klinik brachte prompt das Positiv-Ergebnis. Tatsächlich wollte ich zu dem Zeitpunkt nicht einmal glauben, dass ich mir neben zwei Kitten auch gleich noch ein Bataillon Parasiten ins Haus geholt hatte – Tierärzte sind sich der wachsenden Giardienproblematik aber bewusst und testen von sich aus sehr schnell auf die Einzeller.
Dass die Drecksviecher hier seit ein paar Jahren so richtig boomen liegt übrigens auch an einer Overdose an kopflosen Tierimporten aus südlichen und östlichen Ländern. Ich sag’s ja nur.
Ist der Schnelltest positiv, so liegen Giardien vor. Leider ist der umgekehrte Fall mit Vorsicht zu genießen, da der Schnelltest durchaus gelegentlich falsch negative Ergebnisse liefern kann.
Deutlich sensitiver und zuverlässiger sind das ELISA-Verfahren sowie die PCR, wobei ersteres den Standard darstellt.
Da nicht mit jedem Stuhlgang Zysten ausgeschieden werden, ist es sinnvoll, über mehrere Tage Kot zu sammeln und diese Sammelprobe dann entweder beim Tierarzt abzugeben oder selbst ins Labor zu schicken. Die nötigen Probenröhrchen* kann man online bestellen oder in der Apotheke respektive beim Tierarzt besorgen.
Wenn tierärztlich sonst alles geklärt ist, sind Testungen in Eigenregie eine praktische und häufig günstigere Angelegenheit. Die Kotprobe muss so oder so gesammelt werden.
Ich habe die Sammelproben der Babys seinerzeit nach einem kurzen Anruf zu Laboklin geschickt. Beigefügt hatte ich nur die Daten der Tiere sowie eine formlose schriftliche Aufstellung der gewünschten Testungen (ich wollte zur Sicherheit zusätzlich auf Tritrichomonas foetus untersuchen lassen). Das Ergebnis hatte ich zwei Tage später im E-Mail-Postfach. Auch die parasitologischen Institute beispielsweise der tierärztlichen Hochschule Hannover und der Uni Giessen bieten Kotuntersuchungen für Privatpersonen an.
Wichtig zu wissen ist, dass eine Nachuntersuchung nach der erfolgten Giardienbehandlung erst nach Minimum 10 Tagen, besser nach mehreren Wochen wirklich aufschlussreich ist. Die Antigen-Tests, die im Labor durchgeführt werden, reagieren auch auf tote Giardien. Die Wartezeit dient dazu, dass von den Medis erledigte Einzeller erst aus dem System ausgeschieden werden können, um fälschlicherweise positive Ergebnisse und damit sinnlose Weiterbehandlungen der Katze zu vermeiden.
Zudem überleben bereits vor der Behandlung ausgeschiedene Giardienzysten in der Wohnung noch mehrere Wochen. Bei mangelnder Hygiene erfolgt hier schnell eine Reinfektion deines Vierbeiners. Nach vier Wochen Wartezeit sind dann aber hoffentlich die meisten Zysten hinüber – bekommst du jetzt das ersehnte negative Testergebnis, hast du gute Chancen, das Drama überstanden zu haben.
Therapie: Wie bekämpft man Giardien?
Ich bin sicher kein Fan von Chemie-Bomben, aber man tut dem Tier keinen Gefallen, wenn man wissentlich Parasiten in seinem Darm randalieren lässt. Je länger die Giardien wüten, desto mehr Ärger hat man mit der nachfolgenden Darmsanierung.
Geschichten von der erfolgreichen Giardienbehandlung ausschließlich mit Kolloidalem Silber oder Kokosöl sind ähnlich verlässlich wie die Überzeugung, ein Bernsteinkettchen am Hals schütze Hund und Katz vor Zecke, Floh und Co. Es gibt die, die sagen, es wirkt – und es gibt die, die auf die Schnauze fallen und zwei Monate länger Katzen baden und Möbel desinfizieren müssen als nötig.
Tierärzte wählen zur Behandlung von Giardien entweder Fenbendazol (alias Panacur) oder Metronidazol (bestenfalls als Metrobactin). Unter Züchtern außerdem hoch im Kurs ist das eigentliche Tauben-Medikament Carnidazol (alias Spartrix).
Panacur
Eigentlich bekannt als Mittel zur Entwurmung, ist Panacur bei vielen Tierärzten immer noch der Standard der Giardien-Behandlung. Das wird vor allem daran liegen, dass es lange Zeit das einzige Medikament war, das zu diesem Zweck auch für Katzen offiziell zugelassen war.
Leider scheinen laut mehreren Docs verdammt viele Giardien-Stämme längst resistent gegen das Mittel zu sein, sodass sich die »bringt nix!«-Ausrufe in eingängigen Foren häufen. Doof wie ich war habe ich mir das Mittel nach der Diagnose auch von der Klinik mitgeben lassen – und nein, es hat nicht geholfen.
Miez werden gewöhnlich 50 mg Fenbendazol pro Kilogramm Körpergewicht fünf Tage hintereinander eingeflößt. (Das finden die Tiere richtig super – nicht.) Dann sind drei Tage Pause vorgesehen, woran sich weitere fünf Tage Panacur-Behandlung anschließen. Um Reinfektionen vorzubeugen, wird dieses Schema nach zwei Wochen wiederholt.
Metronidazol
Mittlerweile ebenfalls zur Behandlung der Giardiose bei der Katze zugelassen ist das aus dem Humanbereich bekannte Antibiotikum Metronidazol. Da ich das selbst auch schon häufiger geschluckt habe, verstehe ich gut, dass die Tiere nach der Gabe einer solchen Tablette speicheln wie bekloppt – das Zeug hat einen extrem bissigen, metallisch-bitteren Geschmack.
Angedacht ist gewöhnlich eine Gabe von 25 bis 30 mg pro Kilogramm Körpergewicht zweimal täglich über einen Zeitraum von fünf bis zehn Tagen.
Gibt dir dein Tierarzt das Standard-Metronidazol mit, wirst du mit der Verabreichung viel Spaß haben. Ich kann dir nur empfehlen, was ich jedem sage, der ganz, ganz eklige Medis in sein Tier kriegen muss: Hol dir Leerkapseln aus der Apotheke, mörser die Tablettendosis, pack das Pulver in die Kapseln und gib’s der Katze so. Damit ersparst du ihr zumindest den Geschmack.
Mit etwas Glück bekommst du das Medikament in Form von Metrobactin mit – dem sind Aromastoffe zugesetzt, um die Akzeptanz zu verbessern.
Ich hatte die Giardien zwischenzeitlich einmal mit Spartrix gekillt, konnte Sonny nach seiner Darm-OP aber nicht die nötige Wiederholungsbehandlung verpassen. Hallo, Reinfektion! Als ich den verseuchten Rotfuchs nach einer gewissen Karenz-Zeit wieder in der Klinik vorstellte (diesmal bei meinem bevorzugten Doc dort), war der a) naturgemäß sehr unbegeistert von der damaligen Spartrix-Gabe (die nun einmal nicht auf wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, sondern lediglich auf diversen Erfahrungswerten fußte) und b) sehr zuversichtlich, was das Metronidazol anging… Schlussendlich beseitigt habe ich die Parasiten dementsprechend seinem Rat folgend mit Metrobactin.
Kurzversion: Ja, hat funktioniert.
Langversion: Zugelassen vs. Nicht zugelassen
Die »Metro oder Spartrix«-Diskussion hat meinen Doc ein bisschen Zeit und Nerven gekostet. An sich hatte das Spartrix ja anscheinend gewirkt – eine erneute Gabe hätte das Giardienproblem vielleicht beseitigt. Vielleicht. 100% zuversichtlich sein konnte ich nicht: War weg, ja. Kam aber recht fix wieder. Ich hatte allerdings auch die erneute Behandlung nach vier Wochen, wie sie mir empfohlen worden war, bei Sonny nicht durchführen können. Jetzt nach Fenbendazol und Carnidazol noch Metronidazol ins Tier zu kloppen, erschien mir wiederum endgültig als absoluter Overkill für den Darm meiner Miezen.
Es ist nur so: Ein Tierarzt kann die Gabe eines nicht zugelassenen Medikamentes schlussendlich nie unterstützen. Wenn er dir dazu rät, es anzuwenden, übernimmt er die Verantwortung dafür – kann sich dabei aber auf keinerlei gesicherte Daten stützen und guckt ziemlich dumm aus der Wäsche, wenn irgendetwas bei der Behandlung schief geht. Dann wirst du nämlich ihm an die Karre fahren. Und er kann sich auf nichts berufen, um seinen Rat zu rechtfertigen. Was soll er sagen? »Die auf Facebook haben aber gemeint, das wirkt voll gut«?
Du musst abwägen, ob du auf eigene Kappe behandeln willst, oder ob du deinem Tierarzt und dem ihm gesetzten Rahmen an Möglichkeiten vertraust.
Spartrix
Spartrix ist ein Medikament zur Behandlung von Brieftauben. Zur Behandlung der Giardiose bei Katzen ist es nicht zugelassen. Es existieren dazu also keine gesicherten Studien oder offiziellen Wirkungsnachweise.
Beruhend auf Erfahrungswerten der Katzencommunity schwören dennoch viele Züchter und Halter auf das Antibiotikum. Auch die Züchterin der Babys schickte mir damals prompt eine Packung des Medikamentes samt Anleitung zu.
Da keine offiziellen Dosierungsanweisungen existieren, variieren die Empfehlungen diesbezüglich teilweise ziemlich. Manche meinen, die einmalige Gabe einer Tablette pro 500 Gramm Körpergewicht würde ausreichen. Anderswo findet man das Schema »zwei Tage Spartrix, sechs Tage Pause, einen Tag Spartrix«. In ganz schweren Fällen wird eine Wiederholung dieses Schemas über mehrere Wochen empfohlen oder aber die Gabe des Medikamentes über fünf aufeinanderfolgende Tage.
Man kann Carnidazol tatsächlich problemlos online bestellen. Die Gabe der ganzen Tabletten (und ja, der fast sechs Kilo schwere Budd brauchte damals tatsächlich zwölf Stück) ist ganz gut machbar, wenn man sie mörsert, mit Wasser und ggfs. einer beliebten Paste vermengt und auf eine Spritze zieht. Speicheln nach der Verabreichung ist auch hier möglich – mit Untermischen einer heiß begehrten Gimcat-Paste ging’s.
Verträglichkeit der Medikamente
Was mir bei all den »Nimm Spartrix gegen Giardien!«-Lobeshymnen immer wieder sauer aufstößt, ist die Behauptung, das Medikament hätte als einziges keine Nebenwirkungen. Natürlich sind keine Nebenwirkungen bei Katzen beschrieben – es ist schließlich gar nichts hinsichtlich der Behandlung von Felidae mit dem Mittel beschrieben worden! Nimm nie auf Basis irgendwelcher Online-Empfehlungen die Medikation deiner Fellmonster auf die leichte Schulter. Was immer du ihnen gibst: Du greifst damit in ihr System ein – und jede Veränderung von biologischen Prozessen hat Folgen. Auch solche, die überhaupt nicht erwünscht sind.
Ich sag’s ganz ehrlich: Spartrix ist in vielen Fällen sicherlich auch deshalb so hoch im Kurs, weil es schnell und günstig online bestellt werden kann und der eine oder andere sich vielleicht einfach den Weg zum Tierarzt sparen will.
Es gibt eine Website zum Thema Giardien bei Katzen, die behauptet, die Gabe von Metronidazol führe locker mal zum Tode – Carnidazol wäre in jedem Fall das Mittel der Wahl. Das ist eine sehr intelligente Aussage, bedenkt man, dass Metronidazol und Carnidazol beide zur Gruppe der Nitroimidazole gehören. Sprich, beides sind Antibiotika, die gegen anaerobe Bakterien und Protozoen eingesetzt werden. Beide ähneln sich entsprechend sehr in ihrer Wirkweise. Nur weil bei einem Medikament die Nebenwirkungen nicht so ausreichend erforscht sind, dass man lustige Listen davon aufstellen könnte, heißt das nicht, dass keine Nebenwirkungen existieren.
Alle drei hier beschriebenen Mittel sind nicht gut für den Darm deiner Fellnase. Sehr viel von dem, was sich an Bakterienvolk im tierischen und menschlichen Darm tummelt, wird nämlich für die gesunde Organfunktion dringend gebraucht. Die Antibiotika sind aber leider keine Türsteher, die die erwünschten Kandidaten durchlassen und nur die bösen Buben rausschmeißen. Sie verhängen vielmehr ein allgemeines Hausverbot und lassen den Darm dumm aus der Wäsche gucken, weil plötzlich ein großer Teil seiner Minions futsch ist.
Die Wahl des richtigen Medikamentes hängt davon ab, ob es die Giardien auf der Rauswurf-Liste hat – und ob es die Mistviecher auch zuverlässig erwischt. Fenbendazol scheint für viele Giardienstämme ein so alter Hut zu sein, dass sie auf das Mittel wenig bis gar nicht mehr reagieren (oder es wird falsch angewendet, das kann ich nicht beurteilen). Sollten die Untermieter deiner Katze auch gegen Metro resistent sein, hast du mit Spartrix natürlich einen guten Rettungsanker bei Versagen der üblichen Therapien. Davon abgesehen hat Spartrix lediglich genau dann einen Vorteil gegenüber Metro, wenn du es tatsächlich nur zwei- bis dreimal geben musst, damit Ruhe im Karton herrscht. Das weißt du eben nicht vorher. Bei uns hat’s nicht geklappt. Bei manchen anderen schon.
Solange ein guter Tierarzt zur Verfügung steht, würde ich immer sagen: Frag den. Nicht das Internet.
Die Hygienemaßnahmen
Okay, und wenn du nun endlich die hoffentlich passenden Tabletten ins Tier gekloppt hast, bist du raus aus der Nummer, ja?
Sorry. Nein.
Nicht nur, dass ich Budd und Sonny nach dem Toilettengang regelmäßig abduschen und das Hinterteil shampoonieren* musste, um ein Mindestmaß an Körperhygiene wiederherzustellen… Tatsächlich war ich in unserer Giardien-Ära sehr, sehr viel mit Putzen beschäftigt. Denn, ja, da liegen vermutlich sehr viele unsichtbare Giardicysten in deiner Bude verteilt, die auf einen neuen Wirt lauern. Wenn du keine Lust auf Giardien-Ping-Pong hast, weil sich ständig irgendjemand neu infiziert, dann tust du besser was dagegen.
Schrubb alles, was dein Giardien-Mutterschiff benutzt. Höchste Priorität haben dabei die Katzentoiletten. Reduzier die Füllhöhe des Katzenstreus und reinige die Toiletten mehrmals täglich. Wechsel das Streu mindestens alle paar Tage komplett aus und reinige das Klo selbst mit kochendem (!) Wasser. Ich habe zusätzlich Einlegetüten* fürs Katzenklo verwendet, in der Hoffnung, dass die Schalen selbst so weniger kontaminiert werden.
Koch Futter- und Wassernäpfe täglich aus (und lass sie anschließend gut abtrocknen). Koch den Trinkbrunnen aus und pack ihn vorerst in den Schrank – Giardien mögen’s feucht, das Ding ist jetzt mehr Brutstätte als alles andere.
Schlafplätze und Co. gehören ebenfalls heiß gewaschen. Vergiss auch das Spielzeug deiner Miez nicht!
Denk dran: Die Zysten verrecken erst ab Temperaturen von über 70 Grad.
Für alles, was nicht mal eben in kochendem Wasser ertränkt werden kann (der Kratzbaum, die Couch und der Fußboden zum Beispiel), existieren gemeinhin zwei Empfehlungen.
Erstens: Der Dampfreiniger. Im Prinzip keine schlechte Idee, sollten Temperaturen von um die 100 Grad, wie leistungsstarke Geräte sie erreichen, den Giardien doch durchaus den Garaus machen. Allerdings muss man hier darauf achten, dass der Dampf sich extrem schnell abkühlt und damit mit Pech ein herrlich feucht-warmes Milieu erzeugt, in dem die Parasiten sich erst recht wohl fühlen. Einmal drüberpusten wird also nicht reichen – du musst schon ziemlich frenetisch draufhalten, dass die Zysten eingehen. Und unserem Laminat hier würde ich trotzdem nie und nimmer mit dem Dampfreiniger zu nahe kommen wollen.
Zweitens: Desinfektion. Leider haben Sagrotan und andere typische Haushaltsdesinfektionsmittel keinerlei Effekt auf die Zysten. Mit dem Wirkstoff Chloramin-T kann man Giardien aber erfolgreich auf die Pelle rücken. Der Klassiker in puncto Desinfektion bei Giardien ist das sogenannte Halamid (ehemals Disifin). Das gibt es wahlweise gleich vordosiert mit Sprühflasche* oder aber als ganzer Pott zum eigenständigen Anrühren*. Deine Bude riecht nach der Anwendung herrlich nach Schwimmbad und du solltest die behandelten Räume auch nach der halben Stunde Einwirkzeit sicherheitshalber eine Weile auslüften lassen, bevor du Miez wieder Zugang gewährst. Auf manchen Oberflächen hinterlässt die Halamid-Lösung einen weißen Schleier, der sich aber problemlos wegwischen lässt. Teste das Mittel auf Polstern und Co. einfach immer zuerst an einer unauffälligen Stelle. Wir hatten hier keine Schwierigkeiten damit – und ich habe das Mittel in meiner Frustration recht ausdauernd benutzt.
Nicht unwichtiger Tipp am Rande: Unsere Umgebung ist niemals klinisch rein. Gerate nicht in Panik. Renn nicht schreiend im Kreis. Behandel die Giardien medikamentös, verschärf deine Putz-Routinen, tu, was du kannst, um eine Reinfektion deines Tieres aus der Umgebung zu vermeiden und hab Geduld. Einatmen (nicht das Halamid). Ausatmen. Man wird die Viecher los! Alles wird gut!
Sonstige Helferlein?
Kolloidalem Silber wird eine keimtötende Wirkung nachgesagt und manche Menschen schwören, dass das Zeug auch gegen Giardien Wunder wirken soll. Kokosöl soll die Giardien angeblich schneller aus dem Darm zu schleusen vermögen. Irgendwo las ich auch schon etwas von Kräuterbuttermilch (Verzweiflung bringt Menschen gemeinhin auf lustige Ideen)… Wirkungsnachweise existieren hierzu natürlich keine. Ich sag’s mal so: Wenn eine Stunde nach der Einnahme einer Schmerztablette endlich deine Kopfschmerzen zurückgehen, just in dem Moment, in dem du einen Schluck Cola trinkst… Was hat dir die ersehnte Linderung gebracht? Die Cola?
Nicht wirklich.
Was ich selbstverständlich nicht in Abrede stellen kann und will: Jedwede Form von Stärkung des Immunsystems sowie der Darmflora deines Tieres hilft. Immunstarke Tiere stecken sich in vielen Fällen gar nicht erst an – fährt das Immunsystem ausreichend hoch, ist dadurch eine Ausheilung auch bei infizierten Tieren also durchaus möglich. Die Frage ist nur, ob du auf diese Möglichkeit setzen und die Giardien auf unbestimmte Zeit wüten lassen möchtest.
Durchfallbekämpfung
Besonders Sonny hatte das Problem, dass er regelrecht auslief. Die Bekämpfung der Ursache ist natürlich das A und O, aber derart heftige Symptome gehören behandelt, bevor das Tier austrocknet. Die Klinik empfahl mir damals Kohletabletten, Perenterol oder Tannalbin – allesamt Mittel aus der Humanmedizin. Frag hierzu in jedem Fall deinen Doc. Kohletabletten beispielsweise können bei Überdosierung Verstopfung auslösen – nichts, was dein Vierbeiner gerade gebrauchen könnte!
Diät
Giardien stehen auf Kohlenhydrate, sodass sich vielfach die Empfehlung findet, bei Giardiose kohlenhydratarm bis -frei zu füttern. Nun enthält hochwertiges Katzenfutter von Natur aus kein Getreide und Trockenfutter hat mit artgerechter Katzenernährung auch nicht viel am Hut. Deswegen haben wir Katzenhalter es in dieser Hinsicht relativ leicht.
Ist der Speiseplan deiner Miez aus welchen Gründen auch immer nun aber nicht lehrbuch-konform und Schonkost mag sie auch nicht… Dann bekomm jetzt bitte keine Herzattacke. Nur weil Kohlenhydrate im Tier landen, heißt das nicht, dass es auf ewig giardienverseucht bleiben muss. Ich habe Buddy und Sonny immer mal wieder diverses Aufbau- und Gastrofutter gegeben, in dem unter Garantie ausreichend Kohlenhydrate vorhanden waren. Bevor zu wenig Energie ins Tier kommt, gib ihm lieber das, was es frisst.
Aufbau der Darmflora
Besonders nach der Antibiotika-Behandlung empfiehlt sich eine ausgiebige Darmsanierung. Es kann leider gut sein, dass die Medis die Darmflora soweit zerstört haben, dass Miez trotz überstandenem Giardienbefall noch Durchfall hat. Um den Darm wieder aufzupäppeln, existieren diverse Mittelchen, die in Form von längerfristigen Kuren verabreicht werden. Meine Jungs haben seinerzeit die Canikur-Paste* aus der Klinik recht gern angenommen. Nach dem endgültigen Negativ-Befund startete ich dann eine Sanierung mit Bactisel*, bis ich mit dem Output der Fellmänner wieder zufrieden war. Und wenn ich bei Buddys empfindlichem Darm das Gefühl habe, dass er Unterstützung gebrauchen könnte, nutze ich bis heute Slippery Elm Bark* alias amerikanische Ulmenrinde.
Die Kurzfassung: Das Vorgehen bei Giardienverdacht
Beim Verdacht auf Giardien, nimm eine Kotprobe und lass sie testen. Entweder per Schnelltest oder aber, und das ist die sicherere Methode, per ELISA-Verfahren. Beim Positiv-Befund: Entscheide dich für eine medikamentöse Behandlung. Zieh die genau nach (tierärztlicher) Anweisung durch. Kalkuliere die Gefahr von Reinfektionen mit ein – es ist nicht unüblich, dass Behandlungen wiederholt werden müssen, weil der Vierbeiner sich neu aus der zysten-verseuchten Umgebung ansteckt. Halt die Bude möglichst sauber, koch alles ab, was geht, besorg dir vielleicht sogar Halamid*.
Versuch trotzdem, ruhig zu bleiben. Wenn deinem Fellträger ein Malheur passiert, mach ihn sauber und beseitige die Spuren. Denk dran: Man wird den Mist wieder los. Hab Geduld und bleib beharrlich! Dann wird’s. Hältst du irgendwann den ersehnten Negativ-Befund in den Händen, gönn dem haarigen Patienten eine Darmsanierung.
Und, kleiner Tipp: Wenn du dir ein Tier anschaffst, erbitte vom Züchter oder der vermittelnden Tierschutzorganisation ein Kotprofil – oder lass direkt nach dem Einzug selbst eines beim Tierarzt erstellen. Dann weißt du zumindest frühzeitig Bescheid.
Fazit
Giardieninfektionen sind zum Kotzen, ja. Aber nichts, was man nicht überstehen könnte! Bei uns ist die Therapie mit dem Medi-Overkill und dem famosen Timing von Sonnys Darm-OP mit prompter Reinfektion bei Aussetzen der Spartrix-Behandlung eher suboptimal gelaufen. Das muss aber nicht der Maßstab sein… Und selbst wenn, auch wir haben’s wegbekommen. Ein einzelner Durchlauf Metrobactin hat’s am Ende gerissen. Ergo: Nicht aufgeben! Kopf hoch, Schrubber in die Hand und auf in den Kampf!
Noch eine Info am Rande für die Paranoiker (wie mich): Sonny hatte zu Zeiten seiner Operation bereits kleinere Auffälligkeiten im Darm, die leider erst mit der Krebsdiagnose richtig eingeordnet werden konnten. Er schleppte seine Krankheit augenscheinlich schon sehr lange mit sich herum. Nicht erst seit der Gabe eines Antibiotikums gegen Giardien. Ja, mir ist der Gedanke auch gekommen…
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9 comments
klasse Artikel!!!! Vielen Dank für den ausführlichen Erfahrungsbericht!
Hallo,
super Artikel! Meine beiden Kater sind nun auch zum zweiten Mal infiziert mit den ollen Dingern. Die Tablettengabe war beim ersten Mal schon eine Tortur, dieses Mal ist es noch schlimmer. Ich bin ziemlich am verzweifeln. Hast du für das Metrobactin immer Leerkapseln genommen? Ist vielleicht das einzige was ich noch nicht probiert habe, alles andere ist bisher gescheitert. Bin für jeden Tipp diesbezüglich sehr dankbar.
Viele Grüße
Caro
spannende tolle Info, richtig spaß am lesen, Danke.
lieben dank für deine ausführlichen erklärungen….werde es schaffen….DANKE!!!
Huhu.
Danke für den tollen Bericht. Du hast die Böden also mit Halamid gewischt, oder? Und auch das Sofa etc besprüht? Wir können die Katzen nur schwer wegsperren und darum hab ich etwas Schiss, aber eine wirkliche Alternative gibt es ja auch nicht. Hast Du die waschbaren Polster heiß gewaschen, auch wenn sie eigentlich nur bei 40 Grad gewaschen werden sollten oder da auch Halamid genommen?
Liebe Grüße!
Warum sind die Tbl. nicht kleiner , und glatter und geruchlos , ich bin über 80 j , ich glaube ich schaffe es nicht . Ich darf mich auch nicht kratzen u.beißen lassen , nehme 2 Blutverdünner ,hatte erst einen Herzinfarkt !
wollte dem Tierchen was Gutes tuen , habe das Kätzchen aus Spanien
aus dem Tierheim ! sagen Sie mir , was kann ich richtig machen !
LG Brigitte.
Toller Artikel, aber leider ist eine eigenartige Scrollfunktion eingebaut, die sich von selbst in Bewegung setzt, obwohl man es nicht will. Das hat das Lesen teils nahezu unmöglich gemacht.
Eine Anmerkung dazu: man kann nach einer Behandlung mit Panacur, metrobactin oder Spartrix bereits nach fünf bis sieben Tagen nachtesten, dies haben mir Laborärzte bei Laboklin, bei der Uni Gießen und bei der uni Berlin telefonisch bestätigt und das deckt sich auch mit meinen eigenen Erfahrungen. Dass noch längere Zeit tote Zysten ausgeschieden werden, stimmt nicht. Das ist auch nachzulesen bei entsprechenden Informationen vom Labor idexx, oder anderen wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Dabei ist es unerheblich, ob man mit einem Schnelltest oder einem koproantigen Test nachtestet.
Danke für den aufschlussreichen und humorvollen artikel! Jetzt wissen wir was zu tun ist mit unseren drei befallenen Katzen! Und wir werden tapfer dran bleiben. Schöner blog auch! Auch wenn wir nur drei mischlinge haben verehren wir die waldkatzen sehr! Liebe Grüße