Viele Menschen meinen, was die Maine Coon von anderen Katzen unterscheidet, wäre in erster Linie die Optik. Klar, die Tiere sind die plüschigen Schwarzeneggers der Hauskatzenwelt. Allerdings ist Optik nie alles im Leben. Die Coons werden gern als gentle giants betitelt, weil sie anderen Lebewesen gemeinhin offen und freundlich gegenübertreten – und aus 27 Jahren Coonie-Erfahrung kann ich sagen: Jep, das ist wahr.
Leute, die meine Kater kennenlernen, sind zunächst auf Sicherheitsabstand bedacht, wenn sie mit der Rasse keine Erfahrung haben. Wenn ich mir den Boss unter den Arm klemme und zum Hallo-Sagen hinhalte, ist die erste Reaktion oft: »Tut der was?« Ich muss dann immer lachen. Ja, er wird wohl weiteratmen, wenn du ihn berührst. Allerhöchstwahrscheinlich wird er deine Hand beschnuppern und dich ein bisschen abchecken, weil er dich nicht kennt. Vielleicht kann er dich gut leiden, dann wird er dich anstupsen. Aber sonst? Nö.
Tust du ihm nichts, tut er dir nichts. Auf die Idee käme er gar nicht.
Trotzdem: Maine Coons sind keine Steifftiere für die Vitrine. Den Knopf im Ohr sucht man vergeblich.
Die Tiere sind kernig. Sie haben Power. Und sie brauchen Action.
Inhalt
Der Background der Maine Coon
Die Herkunft der Coons hat nicht nur ihre üppigen Pelzmäntel geprägt. Die Tiere mussten auf den Farmen in New England konsequent ihre Fähigkeiten als professionelle Mäusejäger unter Beweis stellen. Die Folge: Bis heute sind sie das, was man bei Hunden triebig nennen würde. Sie wollen jagen. Immer. Und als mouser, die vornehmlich auf das Erlegen von kleiner, nicht-fliegender Beute ausgelegt sind, arbeiten sie vorzugsweise in Bodennähe und nutzen mit Vorliebe ihre Pfoten.
Tatsächlich gingen bisher alle meine Jungs am extremsten auf kleine Anhängsel an langen Bändern ab, die ich in Schlangenlinien hinter mir her über den Boden ziehe. Am besten rennend.
Dieses Spiel können sie problemlos den ganzen Tag durchhalten, ohne, dass es ihnen langweilig werden würde.
Klar, Abwechslung finden sie super. Snacks durch die Bude schmeißen oder in Decken oder Fummelbrettern verstecken kommt toll. Bälle und Spielmäuse kann man auch mal auf den Kratzbaum werfen und von dort apportieren lassen. Leckerlis und Pingpongbälle im Wasser mögen viele Coons ziemlich gern. Und mit getrockneten Kaustangen kriegt man die Fellbomben beispielsweise dazu, mal so richtig die Zähnchen zu nutzen.
Insgesamt spiegelt sich ihr Ursprung als dauerbeschäftigte Farmkatze im Verhalten der Maine Coon allerdings immer irgendwie wider.
Was bedeutet das für die Haltung der Maine Coon Katze?
Trotz ihrer Passion für die Jagd sind rassetypische Maine Coons niemals aggressiv ihren Menschen gegenüber. Im Gegenteil, sie sind anhänglich und loyal und wollen immer in der Nähe ihrer Liebsten sein. Aber: Du musst die Katzen auslasten. Sonst lasten sie dich aus.
Wie du die Miezen auf Trab hältst, kannst du individuell nach euren Vorlieben entscheiden. Wichtig ist nur, dass du für Action in der Bude sorgst. Natürlich kannst du das über haufenweise Spielzeug regeln, tendenziell lieben die Coons dich aber umso mehr, wenn du direkt mit ihnen interagierst und selbst mitspielst. Dann outen sie sich als die sprichwörtlichen Hundekatzen, die an dir kleben wie ein haariger Schatten.
Spielen? Kann ich! Will ich! Dann läuft das doch mit mir und Maine Coons, oder?!
Dass Maine Coons keine Steifftiere sind, bedeutet nicht nur, dass man regelmäßig mit einer Angel vor ihnen herumwedeln muss. Die Haltung der Fellgiganten bringt ein paar Downsides mit sich, über die man sich von vornherein klar sein sollte…
Cave 1: Tollpatsch!
Katzen gelten gemeinhin als elegant: Coons sind das nicht. Sie sind groß, haben dicke Pranken, buschige Schwänze, ein Löwen-Ego, halten sich aber für grazil genug, um sich in dein Bücherregal zu quetschen und um deine Sammlung von Dekofiguren herumzubalancieren. Brett kollabiert? Deko fliegt? Deine Schuld! Instabiles Regal gekauft und das Sicherheitsnetz vergessen. Hindert die Tiere nicht daran, es morgen (oder in zwei Stunden) noch einmal zu probieren.
Cave 2: Im Eifer des Gefechts…
Obwohl ein (psychisch gesunder) Maine Coon dich nie absichtlich attackieren würde, heißt das nicht, dass er beim Spielen nicht gelegentlich deinen Mangel an schützendem Fell außer Acht lässt. Die Katzen sind mit ihren Krallen dermaßen fix, dass sich Kratzer kaum vermeiden lassen. Ich habe immer welche – mal mehr, mal weniger viele, mal kleine, mal größere, aber kratzerfrei gibt’s mich nicht. Mir ist die Party mit den Jungs wichtiger als eine weitere Macke am Körper – da darf man sich nicht ins Hemd machen. Heilt alles. Und die Tiere meinen das genauso wenig böse wie ein versehentliches auf jemandes Fuß Treten deinerseits als Mordanschlag zu werten ist.
Cave 3: Die Gardine hat angefangen!
Was neben deiner Haut zeitweise unter den Coonies leidet, ist die Wohnung. Ich rede jetzt gar nicht von herumfliegendem Katzenstreu (Klo-Party!), Futterresten auf dem Teppich (Fingerfood!) und den Millionen Haaren, die du immer und überall finden wirst… Das lässt sich alles fix beseitigen. Aber: Maine Coons sind vergleichsweise überdimensionale Kraftpakete. Und das macht sie zu geborenen Zerstörern.
Warte. Zerstörer?
Kann gar nicht sein, oder? Die Tiere sehen doch so süß und schnuckelig aus… Okay, nehmen wir dieses knuffige grüne Zelt* hier als Anschauungsobjekt.
Eins vorweg: Das Teil ist toll. Buddy und Indio kugeln damit durch die ganze Wohnung – sie lieben das Ding abgöttisch. Aber: Erwartungsgemäß ist es alles andere als coonie-sicher. Als ich es bestellt habe, dachte ich mir, dass es bestenfalls zwei Tage halten würde – tatsächlich steht es aber noch immer (achtzehn Tage später!). Es hat allerdings Löcher. Einige.
Normalerweise kauft man als Coon-Halter natürlich vorzugsweise solche Katzensachen, auf denen »extra stabil!«, »unkaputtbar« und Co. drauf steht. Diese Slogans sind in 99% der Fälle zwar immer noch gelogen, aber meist hält der Kram dann zumindest ein paar Wochen bis Monate. Manchmal überkommt’s einen trotzdem…Dann kauft man eben Spielzeuge und Deckchen und Kuschelhöhlen, von denen man von Vornherein weiß, dass sie nach wenigen Stunden Coonie-Action in Fetzen ruhen werden. So ein Tier muss sich ja auch mal austoben, ne?
Die besonderen Momente – alias: Die spontanen Katzastrophen
Es ist ja auch so: Maine Coons müssen spielen. Und Katzen müssen kratzen. Ohne Kratzbaum und weitere Kratzmöglichkeiten läuft nichts! Wer seinem Vierbeiner hier keine Möglichkeiten gibt, darf sich nicht wundern, wenn die Einrichtung geschreddert wird. Man kann die Coons durchaus dazu erziehen, im Alltag die vorgesehenen Kratzmöbel zu nutzen, anstelle Teppich, Sofa, Tapete und Co. zu ruinieren. Es ist also nicht so, als würden die Miezen einem mit Begeisterung den lieben langen Tag die Wohnung demolieren.
Allerdings gibt es da immer diese besonderen Momente im Zusammenleben mit Tieren, wo plötzlich schon alles verloren ist, bevor man nur den Namen des haarigen Lieblings artikulieren konnte. Wo man als Mensch nur ganz kurz auf dem Schlauch steht – und dann ist die Katastrophe schon passiert.
Klassiker bei den Fellgiganten:
- Fliege in der Wohnung. Ich komme aus dem Badezimmer und Indio baumelt bereits in der Gardine, hinter der die brummende Beute sich versteckt hat. Waidmanns Heil.
- Verschnupfter Artgenosse. Der Boss bekommt einen Niesanfall und Budd, im Halbschlaf, einen mittleren Herzanfall. Er stürzt daraufhin mit ausgefahrenen Krallen vom Sofa. Zwei neue Kratzer im Leder. Ein weiterer an meinem Oberschenkel. Gesundheit…
- Markierungswut. Indy ist von der ganz omnipräsenten Sorte… Buddy hält es daher regelmäßig für nötig, seinen Posten als Vice President zu verteidigen (und nebenher ein bisschen Frust abzubauen). Vorzugsweise über Tapeten- und Teppichkratzen. Verteilt nicht nur Geruchsstoffe, sondern setzt auch visuell prominente Zeichen!
- Kittenterror. Budd habe ich aus dem Gröbsten raus, aber mit Indio geht das Chaos nun natürlich von vorne los. Aktuell zählt es zu seinen größten Hobbys, meine BHs zu stehlen und meine Shirts zu betreteln. Leider trainiert er an meiner Kleidung auch gelegentlich seinen Beutetritt…
Maine Coon Temperament: Fazit
Im Sozialverhalten sind die Maine Coons wahrhaft sanfte Giganten. Sie schleppen aber einiges an Energie mit sich herum. Als Halter tut man sehr gut daran, diese Energie gezielt zur Entladung zu bringen, anstatt untätig auf die Detonation zu warten… Allein schon, weil die Party mit den großen Clowns wahnsinnig Spaß macht und ihr dabei eine tolle Bindung aufbauen könnt.
Es ist aber so: Du kannst deine Fellmonster noch so gut versorgen und beschäftigen – Verluste gibt’s immer. Tiere dieser Größe machen regelmäßig etwas kaputt. Die Katzen sind aktiv, erkunden, erfinden eigene Spiele und nehmen dabei naturgemäß wenig Rücksicht auf die Sicherheit deines Mobiliars.
Was hilft: Naht- und Reparaturkleber* für die angefetzte Tapete. Kratzbretter* in jeder Ecke. Baldriankissen* zum Beißen und Fleddern – und zum Schutz deiner Kleidung. Viel Party zur Auslastung – zum Beispiel mit dem Cat Charmer*, der hält Miez auf Abstand und schont deine Hände.
Und, ganz wichtig: Gelassenheit und Humor. Maine Coons sind Spielkinder – bis ins hohe Alter. Diese Quatschköpfe um sich zu haben, ist ein Geschenk. Auch wenn gelegentlich Reparaturen anstehen oder Möbel ersetzt werden müssen. Shoppen hat schließlich auch was für sich.
Und: Mit solchen Tieren im Haus wird man mit der Zeit immerhin richtig ordentlich!
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6 comments
Es ist immer wieder schön aus Deinem Katzenalltag zu lesen, weil man sich hier und da auch selber sieht. Meine sind zwar nicht ganz so spielverrückt, aber Balu zumindest ist ein großer Tollpatsch, während Lulu sogar wirklich untypisch halbwegs grazil hier und da hinspringt.
Dankeschön für Deine Beiträge, ich lese sie immer wieder gern!
LG, Merle
Hi Merle, danke dir für den lieben Kommentar! Wahnsinn, dass deine Lulu doch ein bisschen kätzische Eleganz besitzt… Könnten sich meine Trampeltiere wirklich ein Scheibchen von abschneiden!
LG von Laura + Fellgiganten!
Herrlich beschrieben
besonders gut finde ich den „Tollpatsch“ … da haben wir hier auch so ein Exemplar
Viele liebe Grüße, Michaela mit den Fellindianern
Nur eines? Mensch, die Ober-Tollpatsche müssen immer bei mir landen… Meine sind irgendwie alle Katastrophen auf Katzenpfoten.
Liebe Grüße zurück von Laura und den Fellgiganten!
Hallo.
Kannst du mir vielleicht bitte helfen?
Ich habe eine weibliche Maine Coon und die ist nur circa 5-6 Monate alt.
Sie ist so eigentlich sehr lieb und schmust gerne aber sie ist genauso oft auch agressiv.
Sie springt mir ins gesicht( egal wann: ob ich schlafe, auf der Couch Sitze oder mich rüberbeuge um meinen Schuh zu zu machen.)
Sie beißt sehr fest und kratzt auch ohne Grund.
Sie rennt wie eine gestörrte durch die Wohnung.
Sie hat mehr als genug Spielzeug und auch so genug damit ihr nicht langweilig wird.
Sie hat einen 2,60m hohen kratzbaum dort hat sie ihre Ruhe.
Ich brauche Hilfe…
Wie gesagt es ist ein Weibchen.
Auf Entfernung immer schwer zu sagen. Wann ist die Kleine von der Mutter weg? Eventuell ist sie zu früh von der Mutter und den Geschwistern getrennt worden und hat noch nicht alles Nötige in puncto Sozialverhalten lernen können. Einen kätzischen Spielgefährten hat sie nicht? Das würde für zusätzliche Auslastung sorgen, ein etwas älteres, gut sozialisiertes Tier kann deine Lady aber gleichzeitig auch noch ein bisschen erziehen.
Möglich ist auch, dass sie trotz allem Spielzeug unausgelastet ist. Spielst du mit ihr zusammen? Richtige Jagdspiele mit Federangel und Co.? Ist sie viel allein? Vielen Katzen, gerade den geselligen Coonies, wird das Spielen allein mit Spielzeug schnell fad und sie wollen mit Artgenossen oder ihrem Zweibeiner zusammen Party machen.
Dass die Minis noch übermütig sind, ist bis zu einem gewissen Punkt nicht unüblich – dir ins Gesicht zu springen ist aber absolutes No Go. Wenn Madame zubeißt und kratzt, winde dich möglichst ruhig los, steh auf und geh weg. Lass sie quasi sitzen und mach nicht versehentlich durch Rangelei ein Spiel für sie draus. Anschreien oder körperlich werden wäre Unsinn, damit verschreckst du sie entweder oder stachelst sie an. Sie muss einfach erst lernen, dass man mit dem Menschen nicht so grob umspringen darf. Austoben darf sie sich mit Spielzeugen (auf Katzenangeln gehen viele Kandidaten richtig ab, mach das eine Weile mit ihr, dann sollte sie irgendwann müde und zufrieden wegpennen).
Viel Erfolg für euch beide!