»Katzen sind scheiße. Hunde tun wenigstens was Sinnvolles.«
Wow. Traurig, wenn jemand nie die richtige Katze in seinem Leben hatte, oder?
Letztens las ich unter einem Artikel zum Thema »warum wir Katzen lieben« diesen Kommentar:
Hunde retten täglich Leben und schenken den Menschen um sie herum bedingungslose Liebe – tun damit ergo etwas »Wichtiges« für uns Zweibeiner. Anders als Katzen.
Inhalt
Warte. Was? Katzen schlechter als Hunde?
Ich will nicht verheimlichen, dass der fragliche Artikel sagenhaft oberflächlich war. Er bestand aus mehr oder minder süßen Katzenfotos mit mehr oder minder passenden Einzeiler-Kommentaren. Nein, ich liebe meine Katzen logischerweise nicht, weil sie schreckliche Frisuren haben, wenn ich sie baden musste. Auch nicht, weil sie süß aussehen, wenn ihnen die Sonne auf den Pelz scheint. Der Titel des Artikels war ein bisschen irreführend. »Ein Haufen Katzenfotos von Instagram« hätte es auch getan. Ich gehe aber davon aus, dass Maya kognitiv fit genug war, um den humoristischen Background des Artikels erfassen zu können.
Dementsprechend zeigt ihr Kommentar eigentlich nur, dass sie nie eine Katze hatte.
Und mit »eine Katze haben« meine ich nicht: Da ist dieses vierbeinige Tier, dem ich morgens die Tür aufmache und nachmittags Supermarkttrockenfutter nach draußen stelle, damit es die Klappe hält, wenn es abends wieder ins Haus darf.
Wer wirklich »eine Katze hat«, der ist mit seinem felinen Mitbewohner verbunden. Da schwirrten zwei Puzzleteile durch die Gegend, bis es irgendwann ZING! machte und aus zwei Teilen ein Ganzes wurde. Wenn deine Katze leuchtende Augen bekommt, wenn du nach Hause kommst, und dich bis ins Badezimmer stalkt, weil sie den ganzen Tag auf dich gewartet hat, dann kannst du sagen: Ich habe eine Katze (und eine Katze hat mich).
Und wenn es dazu einmal gekommen ist, dann wirst du niemals im Leben einen so falschen Kommentar schreiben wie Maya.
Denn:
Liebe Hundemenschen! Es sind nicht nur Hunde, die uns ihre Freundschaft schenken.
Katzen tun das auch. Gerade Maine Coons zeigen uns ihre Liebe sogar auf ganz ähnliche Weise wie Hunde.
Der Boss begleitet mich seit sieben Jahren. Meine Menschenfreunde werden mir für diese Aussage den Mittelfinger zeigen, aber: Er ist mein bester Kumpel. Wir sind BFFs – immer gewesen.
Eine Freundschaft besteht immer aus mehreren Komponenten. Egal, ob nun zwischen Mensch und Mensch oder Tier und Mensch. Da muss beiderseitiges Vertrauen herrschen. Jeder tut etwas für den anderen – und man kann sich darauf verlassen, von seinem Kumpel das zu bekommen, was man braucht. Solange man seinen Teil beiträgt; aber das tut man aus Zuneigung und entsprechend freiwillig. Man hängt einfach gern miteinander ab. Und: Man will den anderen nicht verlieren. Er gehört zu einem. Wenn ein Freund mit dir bricht, stiehlt er eine Scherbe deines Lebens. Und das tut weh.
Ich hoffe, ich muss an dieser Stelle nicht betonen, dass Tiere genauso Schmerzen fühlen wie wir. Sie schleppen natürlich kein so aufgeblasenes Selbstkonzept mit sich herum, wie wir es tun. Wenn du einen Hund verlässt, wird er sich nie leidvoll im Spiegel betrachten und denken: »Ach, wäre ich doch fünf Jahre jünger und drei Kilo leichter, dann hätte er sich nicht für den sexy Welpen bei eBay entschieden.«
Aber ein Hund und eine Katze fühlen Wut, Angst, Freude und Zuneigung genau wie wir. Und wenn du einmal ein Tier erlebt hast, das nach einem psychischen Trauma nur noch in der Ecke liegt und sein Lieblingsleckerli genauso verweigert wie es sein favorisiertes Spielzeug ignoriert, dann wirst du mir zustimmen, dass unsere Vierbeiner deprimiert sein können. Traurig. Von Schmerzen erfüllt, obwohl ihnen körperlich überhaupt nichts fehlt.
Lieben Katzen Menschen?
Es ist tatsächlich so, dass Katzen nicht automatisch darauf getrimmt sind, sich einem Menschen anzuschließen. Natürlich ticken Hunde anders. Katzen sind noch nicht lang genug domestiziert, als dass in ihrem Hirn großartige Anpassungen an das enge Zusammenleben mit uns hätten passieren können. Wieso auch? Wir wollten Katzen seinerzeit als Kammerjäger – das ist ein Job, dem die Tiere immer völlig unabhängig von uns Zweibeinern nachgehen konnten. Katzen waren eigenständige Jäger – und sie sind es immer noch. Hunde dagegen mussten seit jeher unmittelbar mit uns zusammenarbeiten und entsprechend auf ihr Herrchen Acht geben.
Wenn du jetzt eine wilde Katze, die als Kitten nie Menschenkontakt hatte, bei dir aufnimmst, kannst du dich auf den Kopf stellen: Das Tier wird allerhöchstwahrscheinlich wild bleiben.
Aber die kleine Bauernhofkatze, die von Zweibeinern versorgt und gepflegt wird? Findelkinder, nur wenige Wochen alt, die mit der Flasche aufgezogen werden? All die Kitten, die in der Menschenfamilie der Mutterkatze aufwachsen und gehätschelt und getätschelt werden? Sie alle haben volles Potenzial, uns Zweifüßler so lieb zu gewinnen, dass sie sich im Laufe ihres Lebens den einen oder anderen Menschenkumpel zulegen.
Mein Boss war immer so ein Menschenfreak. Und ich war vom ersten Tag an so verschossen in ihn, dass ich alles für ihn getan habe.
Offenbar hat ihn das von meinen Qualitäten als menschlicher Sparringspartner überzeugt, denn mein ach so nutzloser Kater überschüttet mich bis heute mit Liebe und Freundschaft. Dieses Tier ist seit sieben Jahren mein Clown, mein Motivator und mein Licht in tiefster Dunkelheit. Die kätzische Unabhängigkeit ist an ihm vorbeigegangen: Er braucht seinen Menschen. Immer.
Warum mein Maine Coon Kater mein bester Kumpel ist – 15 Gründe, warum ich meine Katze liebe
- Er ist meine Krankenschwester. Bin ich krank, spielt er Wärmflasche. Er leckt hingebungsvoll jede Wunde, die er an mir finden kann (auch wenn ich davon wenig begeistert bin). Und er hat einen sechsten Sinn dafür, wenn ich nicht zu Party aufgelegt bin – dann legt er sich zu mir und gibt Ruhe, auch wenn er eigentlich gerade im Tobe-Modus war.
- Er beschützt die Familie. Eindringlinge im Territorium werden lautstark gemeldet. Und wenn ein feliner Kumpel mal wieder versehentlich im Badezimmer eingesperrt wurde, gibt er vor der Tür so lange Alarm, bis ich Trottel meinen Fehler bemerke.
- Er bringt mich in Bewegung. Drei Stunden Bildschirmstarren am Stück? Nicht mit ihm.
- Er zeigt mir Dinge, die ich sonst übersehen würde. Den Vogel in der Hecke, den Schmetterling im Gras, den Feldhasen im Gebüsch. Er jagt nicht, wenn ich bei ihm bin, aber er sieht alles – vorzugsweise das, was an mir vorbeigeht. Mit ihm zusammen bin ich wieder 5 Jahre alt und ewig auf Entdeckungstour.
- Er geht nicht ohne mich. Die Gegend ums Haus herum checken wir ohne Leine ab. Es wäre kein Ding für ihn, einen Sprint hinzulegen und mich abzuschütteln, um in Ruhe ein paar Mäuse zu erlegen. Doch das tut er nicht. Er klebt an mir wie die sprichwörtliche Tube Pattex.
- Er braucht mich. Zwei, drei Tage Arbeitsstress meinerseits und zu wenig Zeit für ihn? Alles doof. Man wird ihn in der hintersten Ecke der Wohnung finden, lustlos, appetitlos, mutistisch. Erst nach einem ganzen Haufen Extraeinheiten kriegt Monsieur sich wieder ein. Anstrengend, ja. Aber man lernt so sehr schnell, auch dann Verantwortung zu tragen, wenn man eigentlich mit sich selbst beschäftigt ist.
- Er vertraut mir. Wenn ich dabei bin, ist er endlos gechillt. Schmusen in Dauerrückenlage, Tolerieren von fremden Grabschehändchen im Pelz, Medikamentengabe, Bürsten: Geht alles klar. Ohne mich? Ganz schlecht. Schlagen, Schnappen, Fauchen und Flüchten werden dann zum Standardprogramm.
- Er ist immer bei mir. Und: Er versteht mich. Nein, nicht jedes Wort – ich rede verhältnismäßig wenig mit meinen Katern. Aber er hat den sechsten Sinn für meinen Gemütszustand, liest meine Körpersprache zuverlässiger als Cal Lightman, leistet Beistand, wenn ich welchen nötig habe, gibt den Hofnarren, wenn ich übellaunig bin, und hat überhaupt kein Problem damit, mal einen geschlagenen Nachmittag mit mir in einer stillen Ecke zu hocken und ins Leere zu starren.
- Er will mit mir essen. Ernsthaft: So wie Menschenfamilien ihre Mahlzeiten gern gemeinsam am Tisch einnehmen, besteht er auf meine Gesellschaft beim Futtern. Essen ist für ihn ein soziales Event. Napf hinstellen und den Raum verlassen? Katerchen vergeht der Appetit. Allein frisst er das Nötigste, um nicht vom Fleisch zu fallen, aber durch Ansprache und Streicheleinheiten inhaliert er die dreifache Menge.
- Er erinnert mich daran, dass Regeln eher nur grobe Richtlinien sind. Katzen sind die besten Tiere für Individualisten! Sie hinterfragen alles, und wenn sie zu dem Schluss kommen, dass es besser für sie ist, deine Anordnung zu ignorieren, dann tun sie das. Wir Menschen wären bedeutend glücklicher, wenn wir uns ein bisschen kätzischer verhalten würden. Durch sein Vorbild ist Nein mittlerweile zu meinem Lieblingswort mutiert.
- Er ist ein Stresskiller. Schmusestunden entspannen den Körper fast so gut wie den Geist. Katzenschnurren senkt außerdem den Blutdruck und fördert die Knochenheilung. Deine Katze macht dich quasi gesünder, wenn sie mit dir kuschelt! Vielleicht hockte der Boss deswegen mit Vorliebe auf meinem Gips, als ich mir Mitte des Jahres die Hand gebrochen hatte.
- Er macht mich zu einem besseren Menschen. Bei Tieren kann man sich nicht durch Komplimente und leere Worte einschmeicheln. Es ist ihnen auch egal, wenn du sie ganz tief in deinem Inneren ganz doll lieb hast. Für sie zählt nur, was du tust. (Hätte Batman eine Katze gehabt, wäre er schneller dahinter gekommen.) Verhalte dich mitfühlend, freundlich, liebevoll und geduldig deiner Katze gegenüber – auch dann, wenn du eigentlich keinen Bock dazu hast – und sie wird dir ihre ganze Zuneigung schenken. Sei ein Arschloch zu ihr und sie wird auch diesen Gefallen erwidern.
- Er hält mich im Hier und Jetzt. Wir Menschen sind verkopft und mit den Gedanken meist überall, nur nicht in der Gegenwart. Es ist aber genau dieser Augenblick, der wirklich zählt. Früher gab es oft Momente, in denen ich auf seine Versuche, meine Aufmerksamkeit zu erregen, mit mittleren Nervenzusammenbrüchen reagiert habe. Himmel, ich muss doch noch das tun und das und das und dies und jenes und überhaupt! Klar, manchmal ist der Zeitpunkt, in dem Miez sich quer über deine Tastaur wirft, ungünstig. Aber du hast deine Katze nicht ewig. Schieb sie nicht weg, wenn sie Zeit mit dir verbringen will. Es kommt der Tag, an dem du das bitter bereuen wirst. Irgendwann wünschst du dir, du hättest jede Sekunde mit deinem Katzenkumpel mit allen Sinnen genossen.
- Er kann nicht ohne mich. (Und ich kann nicht ohne ihn.) Anfang des Jahres musste er mit dem Blitz zusammen stationär aufgenommen werden. Die Tiere bekamen ein Pensionszimmer für sich. Ich dachte, sie würden das schon überstehen, immerhin waren sie ja zusammen (die beiden waren verdammt gute Freunde) – aber sie kamen nicht klar. Trotz der besseren medikamentösen Versorgung ging es ihnen schlechter. Sie fraßen nicht, gingen nicht zur Toilette und verbunkerten sich in viel zu engen Höhlen. Ich besuchte sie zweimal täglich für mehrere Stunden. Erst, wenn ich da war, kamen sie hervor, erleichterten sich und fraßen etwas. Es war eine Qual für alle Beteiligten. Ich werde ihm das nie wieder antun, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.
- Er lehrt mich Dankbarkeit. Denn nichts anderes kann ich fühlen, wenn ich dieses Tier ansehe. Und ich bin dankbar für jeden Tag, den wir hatten, jede Stunde, die uns bleibt und jede Sekunde, die wir gemeinsam verbringen. Jeder geteilte Moment ist eine Rettung für mich. Und alles, was er tut, ist wichtig.
Zwei Seiten der Medaille: Liebe und Verantwortung
Vieles von dem, was ich hier aufgezählt habe, sind Geschenke, die der Boss mir macht.
Einige Punkte zeigen aber auch, dass eine enge Bindung zu einer Katze mit verdammt viel Verantwortung einhergeht.
Auch der Blitz war ein Kater, der Zuwendung brauchte. Er wollte selten auf meinen Schoß, aber ohne gemeinsame Spielstunden über den Tag verteilt wurde er unausgelastet und unglücklich. Er spielte nur mit mir, andere Zweibeiner ignorierte er völlig, egal, wie gut er sie kannte. Und Buddy und Sonny? Mein Fuchs hockt auf oder neben mir, sobald ich zu Hause bin. Buddy erinnert mich mehr an den Blitz – er kommt selten direkt zu mir, bleibt aber immer in der Nähe und wartet auf Ansprache. Beide Zwerge haben schon alles mit mir durch – bis hin zum Bad, als wegen eines Toilettenunfalls gar nichts mehr ging. Ihr Vertrauen nach dieser kurzen Zeit ist der Wahnsinn! Den Bindungsaufbau zu mir haben sie im Schnelldurchlauf hingelegt.
Das ist cool, klar. Es bedeutet aber auch, dass ich vielleicht bald drei Maine Coons habe, die verdammt pikiert reagieren, wenn ich sie einmal allein lassen muss. Die leiden, wenn ich zu lange weg bin.
Maine Coons können massive Sensibelchen sein – und gerade Wohnungskatzen sind darauf angewiesen, dass ihr Mensch sich mit ihnen beschäftigt und sie bei Laune hält. Wer das ernst nimmt, mutiert für Miez schnell zum absoluten Dreh- und Angelpunkt. Und der darf nicht einfach so für ein paar Tage verschwinden.
Für ein Tier »der Eine« zu sein mag sich im ersten Moment verführerisch anhören, aber wenn du eine solche BFF-Bindung anstrebst, sieh trotzdem zu, dass dein Fellkumpel mindestens eine weitere Bezugsperson hat. Und zwar eine, auf die du dich immer verlassen kannst (im Zweifelsfall: Mütter sind prima!). Maine Coons haben häufig so etwas wie eine Beliebtheitsskala, in die sie ihre Menschen einsortieren: Wenn die Nummer 1 mal wegbricht, dann vergewissere dich, dass die Nummer 2 einspringen kann, um deinen Liebling zu versorgen. Das nimmt deinem pelzigen Freund im Fall der Fälle einiges an Stress!
Und wenn das geklärt ist… Dann zeig den Mayas dieser Welt bitte, bitte, wie wenig Ahnung sie von unseren felinen Mitbewohnern haben!
1 comment
Ein sehr schön geschriebener Artikel! 👍
Ich erlebe gerade zum zweiten Mal eine so enge Bindung zu so einer „Herzenskatze“ wie oben beschrieben (allerdings zu einer normalen Hauskatze) und das beruht auf Gegenseitigkeit.