Meine Großmutter wohnt im beschaulichen Luftkurort Niedenstein – einem schnuckelig-grünen Fleckchen Erde, das ich von Kindesbeinen an als einen Inbegriff von heiler Welt kennengelernt habe. Wald, Felder und Weiden überall, letztere bevölkert mit allerlei gechillt grasendem Hufgetier… Ein Garant für freie Köpfe und Lungen (sofern man die frische Landluft verträgt, heißt das). Und für ein ausgeglichenes Gemüt obendrein. Ich mag es dort.
Dass nun ausgerechnet in Niedenstein irgendein minderbemittelter Wichser (sorry, not sorry) einem Alpaka-Baby die Ohren abgeschnitten hat… Nun, das kam für uns alle ein wenig unerwartet. Zumindest was den Ort betrifft. Denn Berichte über derartige »Einzelfälle« von Tierquälerei? Tja, die sind heutzutage schon ebenso an der Tagesordnung wie all die anderen Gewaltdelikte, für die wir Menschen sonst herhalten müssen.
Es ist fast ein bisschen witzig: Wir Deutschen sind stets ganz vorne mit dabei, wenn in Moralfragen mit dem erhobenen Zeigefinger gefuchtelt werden soll – aber abseits von Rassismusdebatten ist mit uns eigentlich nicht besonders viel los. Wo wir in puncto Minderheitenschutz so gern auf dicke Hose machen, sind wir erstaunlich still, wenn’s unseren Schutzbefohlenen an den Kragen geht. Darf man ja so nicht mehr sagen, dass asoziales Verhalten und Gewalt gegenüber Lebewesen scheiße sind. Und ein Alpaka ist ja auch nur ein Tier. Wir haben wichtigere Probleme. Richtig?